In der letzten Zeit ist mir häufiger aufgefallen, dass die Stimmung am Campus recht angespannt ist und die schlechte Laune bei dem ein oder anderen recht offensichtlich ist. Schuld dafür ist die berühmtberüchtigte Klausurenphase an der Uni. So merke auch ich, wie ich mich nach dem Ende sehne, auch wenn es noch ein paar Wochen bis zur letzten Prüfung sind. Aber muss das so sein? Muss die Klausurenphase eine Zeit des Leidens sein, die man einfach durchstehen muss, oder kann das Leben in dieser Zeit doch noch ein bisschen Spaß machen?
Zeitaufwand minimieren
Wenige, vielleicht keine Dinge machen Spaß, wenn man sich 8 Stunden täglich damit beschäftigt. Irgendwann wird einfach alles irgendwie zäh und langweilig. Deswegen macht es sicherlich Sinn den Zeitaufwand so weit wie möglich zu minimieren. In der Klausurenphase fließt zwar zwangsweise viel Zeit ins Lernen aber vielleicht auch mehr, als eigentlich nötig wäre.
1. Lerntechnik
Ich habe schon häufiger beobachtet, wie viele Mitstudierende dieselben Lerntechniken verwenden, die man aus der Schule gewohnt war, obwohl sie wahrscheinlich nicht die effizientesten Methoden sind. Es werden beispielsweise oft noch Zusammenfassungen geschrieben und dann mehrmals durchgelesen, wobei beides eher zu den nicht besonders Zeit-sparenden Lernmethoden zählt. Ein Video, dass mir Erleuchtung diesbezüglich gebracht hat, war dieses hier von keinem Geringeren als dem productivity-ninja Ali Abdaal, der hier Ergebnisse von Studien übers lernen zusammenfasst und gute Techniken für die Praxis betont.
Aber warum liest man sich so gerne Texte durch, schreibt sie ab oder schaut sich Erklär-Videos auf YouTube Videos an? Es ist schlicht weg deutlich angenehmer und erfordert nicht so viel Energie das Wissen zu “konsumieren”, anstatt es versuchen aus seinem Gehirn herauszuholen. Jedoch ist genau dieses “aus dem Gehirn rausholen” (Active Recall) das, was es dazu bringt das Wissen zu behalten. Unser Gehirn merkt sich die Dinge, wenn es sie braucht, sonst gibt es keinen Grund das Wissen zu behalten. Logisch oder? Warum sollte sich unser Gehirn Dinge merken, die dieses überhaupt nicht benötigt? Das wäre totale Verschwendung.
Jetzt geht es also darum, dem Gehirn das Gefühl zu geben, dass es die Dinge braucht, weswegen es wahrscheinlich sinnvoll ist das Wissen so oft wie möglich zu benutzen, um dieses “Brauchen” zu simulieren.
Um das jetzt umzusetzen, gibt es verschiedene Möglichkeiten, welche im letzten Teil des oben erwähnten Videos erklärt werden, weswegen ich jetzt einfach nur darauf verweise, ohne den Inhalt noch Mal wiederzugeben 🙂
Ich habe mit meinem Physik Studium natürlich den Vorteil, dass ich mit den Übungsblättern eine Steilvorlage habe, mich radikal effizient auf die Klausuren vorzubereiten, indem ich eben die ganze Zeit Aufgaben löse und nur ins Skript/Internet schaue, wenn ich mal nicht weiterkomme.
Zudem beschäftige ich mich schon das ganze Semester über mit den Inhalten, wobei das im Video erwähnte Selbst-Testen dadurch automatisch gemacht wird. Vorausgesetzt man macht die Übungsblätter, wofür ich unter dem Semester auch nicht immer Zeit hatte 🙂
2. Pareto Prinzip
Jetzt kann man behaupten: Ach Leon, das mache ich doch schon, aber ich habe trotzdem keine Zeit.
“Eine 1,0 schreiben zu wollen, erfordert 5 Mal so viel Aufwand, wie eine 2 schreiben zu wollen.” – Ganz so radikal kann man das Pareto Prinzip mit seinem 80:20 Verhältnis wahrscheinlich nicht auf die Uni anwenden, aber ein wahrer Kern steckt trotzdem dahinter. Es braucht einfach deutlich mehr Zeit wirklich alles zu lernen, als nur die wichtigsten Gebiete zu lernen. Bei egal welchem Fach an der Uni: Es ist immer möglich unendlich weit in die Tiefe zu gehen, um alles ganz genau zu verstehen. Mir ist auch bewusst, dass so ein Deep Dive Spaß machen kann, wenn man sich wirklich für die Thematik interessiert, aber es erfordert einfach fucking viel Zeit, um so ein tiefes Verständnis aufzubauen, statt sich ein eher oberflächliches Wissen anzueignen. Zugegebenermaßen ist es in der Uni auch nicht besonders leicht zu entscheiden, was wichtig ist, also wo sich der Deep Dive lohnt, und welche Gebiete auch nur Oberflächlich begriffen werden müssen, weil gefühlt natürlich alles wichtig ist. Am Ende ist es auch ein kleiner Gamble, um den man nicht herumkommt, wenn man Zeit sparen möchte. Mithilfe von Altklausuren und gesundem Menschenverstand lässt sich aber vielleicht doch ein Muster erkennen, die einem die Gewinnchancen dieses Glücksspiel erhöhen. Demnach fokussiert man sich vielleicht eher auf die prädestinierten Themen und spart sich damit etwas Zeit.
3. Motivation hinter der Note
Andererseits sollte man vielleicht auch über seine Ansprüche nachdenken und hinterfragen, ob eine 1,0 wirklich das ist, was einem im Leben weiterbringt. Dass der Arbeitgeber letztendlich eher auf andere Qualitäten und Skills außerhalb der “Standard-Ausbildung” schaut, als auf die Noten habe ich mir schon öfter sagen lassen. Da kann man sich also nochmal fragen, für was man sich hier gerade 8 Stunden am Tag hinsetzt, wenn man eigentlich keine Lust mehr darauf hat.
Mehr Spaß haben
Man befindet sich vielleicht so etwa ein Monat lange pro Semester in der Klausurenphase. Mit dem anderen Semester macht das 2 Monate im Jahr, die wir uns wahrscheinlich in der Klausurenphase befinden. Es wäre doch sehr schade, wenn wir zwei Monate jedes Jahres keinen Bock auf unser Leben haben oder?
Wie ich finde hat man schon einen gewissen Spielraum, um sich die Zeit schöner zu machen, in dem man einfach dafür sorgt mehr Spaß beim Lernen zu haben. Ich bin ein Fan davon, dass der Prozess bei egal was im Großen und Ganzen Spaß machen und nicht nur das Ergebnis im Mittelpunkt stehen sollte.
Umsetzen kann man das auf beliebige Art und Weisen. Zum Beispiel kann man den Ort wechseln. In Bayreuth bietet sich der Ökologisch Botanische Garten hervorragend an, um mal eine etwas andere Lernumgebung zu haben. Wie ich finde macht das Lernen im Grünen deutlich mehr Spaß und weniger depressiv lol, aber da hat jeder seine Eigene Präferenzen. Man kann es sich aber auch einfach mit seinem Lieblingsgetränk und Musik im Ohr gemütlich machen.
Bei mir ist es außerdem so, dass ich an einem gewissen Punkt im Laufe des Tages keine Lust mehr habe, alleine zu lernen, weswegen ich mir gerne an der Uni Gesellschaft suche. Zusammen macht es einfach oft deutlich mehr Spaß, auch wenn man dabei meist etwas Konzentration und damit Produktivität opfert, wobei letzteres nicht unbedingt der Fall sein muss. In manchen Fällen ist es nämlich durchaus zeitsparender sich das noch nicht Verstandene von einem Freund erklären zu lassen, statt sich das Wissen selbst aus dem Skript zusammenzukratzen.
Jedenfalls finde ich man sollte jegliche Mittel zur Hilfe ziehen, um sich den Lernprozess so schön wie möglich zu machen. Dann kann die Klausurenphase letztendlich vielleicht sogar Spaß machen.
Einfach ist es nicht
Auch ich bin nicht so 100% mit meiner Klausurenphase zufrieden, die immer noch anhält. Regelmäßig frage ich mich, wann es denn endlich vorbei ist und sehne mich nach den Semesterferien. Also habe auch ich es bis jetzt nicht geschafft den Prozess der Klausurenphase mega angenehm zu machen. Die eben genannten Tipps haben mir aber schonmal geholfen, dass es nicht ganz so schlimm ist, wie es vorher war. Die Hoffnung stirbt jedoch zuletzt, weswegen ich trotzdem stets versuchen möchte an den Stellschrauben in dieser stressigen Zeit zu drehen, sodass man vielleicht irgendwann sagen kann, dass die Klausurenphase doch gar nicht so schlimm sei.