In seinem Song “Das Grizzly Lied” singt Casper “Der Sinn des Lebens ist Leben, das wars” – Etwas, was ich vielleicht mal wieder vergessen habe, wenn ich gerade überlege, an welcher Stellschraube ich noch drehen muss, um ein Leben zu führen, das meiner Vorstellung nach schön und bedeutsam ist. Aber wozu eigentlich diese ganzen Ansprüche und Selbstoptimierung? Hindert einen das nicht eigentlich von dem, was uns eigentlich glücklich machen würde?
Ich bin mal wieder auf der Suche nach Klarheit und möchte meine Ideen auf diesem Weg gerne teilen.
Ansprüche – Extern
Schon als Kind werden die ersten Ansprüche an uns von außen gestellt. Hier geht es zunächst um so etwas wie Benehmen oder ob ich meine Hausaufgaben erledige. Man bekommt also das Gefühl, dass man seinen Job gemacht hat, wenn diese Ansprüche erfüllt werden. Es gibt Sicherheit, dass alles in Ordnung ist. Mit steigendem Alter steigt auch die Komplexität der Ansprüche, die an einen gestellt werden, aber gleichzeitig fängt man vielleicht an sich zu fragen, ob es überhaupt Sinn macht, den gesellschaftlichen Normen und Idealen, wie beispielsweise einer “gescheiten Bildung” (was auch immer das sein mag), gerecht zu werden.
Nach dem Abitur wird diesbezüglich eine große Entscheidung erwartet, was wahrscheinlich viele, die nicht genau wissen wollen, was sie machen wollen unter Druck setzt. Ich habe schlicht weg das Glück, dass ich mich mit Physik für etwas interessiere, was schon lange als “gescheit” gesehen wird. Trotzdem habe ich versucht, die Entscheidung für den Studiengang oder ob ich nicht doch irgendetwas anderes machen möchte, definitiv nicht von äußerlichen Erwartungen abhängig zu machen.
Das wäre meiner Meinung nach nämlich fatal. Woher sollen denn andere Menschen wissen, was wichtig ist, also was mir wichtig ist und demnach auch mich glücklich macht. Das ist ja schließlich das was zählt, weswegen man wahrscheinlich einfach auf diese externen Ansprüche auf gut Deutsch scheißen kann.
Ansprüche – Intern
Jetzt wird es etwas interessanter, denn was heißt es überhaupt, dass Ansprüche von innen kommen? Die Abgrenzung ist nämlich total schwer, wenn nicht sogar unmöglich fällt mir auf, je länger ich darüber nachdenke.
Wahrscheinlich gibt es Ansprüche/Bedürfnisse, die sehr tief in uns verankert sind, wobei ich an so etwas wie Zeit mit Familie, Freunde oder mit sich selbst denke. Die Idee sich diesen Dingen zu widmen, kommt bei den meisten natürlicherweise von innen heraus würde ich jetzt einfach mal behaupten.
Wenn ich mich dann aber selbst frage, was mir außerdem wichtig ist und dabei an sowas denke, wie “in der Uni gut mitkommen” (sprich ein guter Physiker zu werden), erwische ich mich quasi selbst dabei, wie einst externe Einflüsse nun auf irgendeine Art und Weise meine Identität ausmachen und ich sie mir als meine eigenen Ansprüche verkaufe. Somit kam ich in manchen Momenten an einen Punkt, wo ich mir selbst klar machen muss, dass die Uni nicht das einzige im Leben ist und das ein Anspruch ist, mit dem ich mich selbst einfach nur unter Druck setze. Darauf verzichte ich gerne, da mein Lebensgefühl nicht von Übungsblättern abhängig sein soll.
Eines Tages schaue ich mir aber beispielsweise einen der inspirierenden Poetry-Slam Auftritte, den ich je gesehen habe, nämlich den von Julia Engelmann am 5. Bielefelder Hörsaal-Slam 2013 an und denke mir: “Fuck man, ich möchte aus meinem Leben was machen und coole Sachen erleben!”.
Ist dieser Anspruch, den ich nun irgendwie an meinem Leben habe aber von außen inspiriert wurde etwas Schlechtes?
Ich traue mich, diese Frage mit “Nein” zu beantworten, wobei es sehr darauf ankommt, wie man mit diesem Anspruch umgeht. Sich allgemein vorzunehmen, neue und besondere Erfahrungen zu sammeln ist meiner Meinung nach definitiv eine gute Sache. Wenn es dann aber dann an konkrete Aktivitäten in der Gegenwart oder nahen Zukunft geht, kann dieser Anspruch einen blöden Nebeneffekt haben…
Overthinking
Es kann nicht jeden Tag die krasseste Scheiße passieren. Nicht jeden Tag kann die Aktivität mit Freunden total erfüllend sein. Manchmal erwische ich mich aber dabei, wie ich solche Erwartungen an den kommenden Abend habe. Das führt dazu, dass ich überlege, woran es jetzt nur liegt, dass es nicht so geil ist, wie ich mir es vorgestellt habe, anstatt einfach präsent zu sein und den Moment wie er ist aufzusaugen. Besonders wenn ein anderer Mensch gegenübersitzt, merke ich, wie mich diese Gedanken einfach nur von der wesentlichen Sache ablenken. Sich in dem Moment die Frage zu stellen, warum man die Zeit gerade nicht genießen kann ist gerade der Grund dafür, dass man sie eben nicht genießt. Das Gedankenkarussell möchte ich deswegen in solchen Momenten schnellstmöglich beenden.
Wenn es in Sachen Uni mal an einem Tag nicht so läuft stelle ich mir auch manchmal die Frage warum ich mich denn heute wieder nicht konzentrieren kann bzw. mir denn mal wieder die Willenskraft fehlt. Manchmal gibt es auf diese Fragen eine Antwort, aber eben nicht immer. Hier möchte ich mich daran erinnern es einfach zu akzeptieren, dass es eben gute Tage und schlechte Tage gibt, weil ich eben ein Mensch und keine Maschine bin. Da hilft auch kein bis jetzt unentdeckter Lifehack weiter.
Ferner betreffen ähnliche Gedanken auch meine allgemeine Lebenssituation und so grüble ich ab und an wieder nach, wenn ich unzufrieden bin, woran das wohl liegen könnte. “An welcher Stellschraube kann ich noch drehen?” frage ich mich. Ich suche ja gerne nach Gründen (deswegen studiere ich vielleicht auch Physik), aber ich werde nie in der Lage sein alle Stellschrauben an mir und meinem Leben zu kennen – das sollte ich akzeptieren. So ist es öfter mal angebracht “einfach zu leben”, statt das vermeintliche Problem durch rationales Denken lösen zu wollen.
Nobody is perfect
Dass es so etwas wie ein “perfektes Leben” nicht gibt, ist mir klar, jedoch versuche ich trotzdem manchmal zu sehr so nah wie möglich daran heranzukommen und dem Rezept dafür auf die Spur zu gehen. Letztlich erwartet aber niemand eine “Performance” von mir, außer ich sorge selbst dafür. Demnach ist es an der Zeit jene meiner eigenen Ansprüche abzulegen, die mich davon abhalten einfach zu leben. Was “einfach leben” aber bedeutet, ist wieder eine ganz neue, große und schwierige Frage. Dieses Fass möchte ich jetzt nicht auch noch aufmachen. Hoffentlich bin ich aber mit den hier dargelegten Ideen wieder ein Stück weitergekommen und habe damit etwas mehr Klarheit geschaffen.