hoersaal

In die Hörsäle, Fertig, Los!

Die erste offizielle Woche im Wintersemester an der Uni hat begonnen, und das auch noch in Präsenz. Ich darf mich also glücklich schätzen, sowohl im Mathe Vorkurs, als auch in allen Vorlesungen und Übungen in echte Gesichter vor und neben mir zu blicken, was vor allem als Ersti viel wert ist.

Wenig ist in dieser turbulenten ersten Woche auf jeden Fall nicht passiert, aber eins nach dem anderen.

Die Sache mit dem Stundenplan

Die ersten Vorlesungen sind wie erwartet sehr von organisatorischen Dingen geprägt, was nicht unbedingt was schlechtes heißt. Jedenfalls mussten im Laufe der Woche auch die Übungsgruppen final festgelegt werden, weswegen der Stundenplan ein heiß diskutiertes Thema vor und nach den Vorlesungen darstellte.

Was die Termine der „richtigen Vorlesungen“ angeht hat man als Physik StudentIn nämlich keine wirkliche Auswahl. Die Qual der Wahl kommt erst bei den Übungen, wo sehr viele verschiedene Zeiten an verschiedenen Tagen zu Verfügung stehen.

Der Plan war deswegen, sich in einer WhatsApp-Gruppe mit den bisher sympathischen KommilitonInnen auf bestimmte Termine zu einigen, was aber nur bedingt geklappt hat.

Jeder hat nämlich unterschiedliche Vorstellungen vom „perfekten Stundenplan“, weswegen es quasi unmöglich ist sich kompromissfrei zu einigen. Die Frage ist dann auch ob es sich überhaupt lohnt einen Kompromiss einzugehen, oder ob man nicht in jeder Übungsgruppe am Ende gut klarkommt, selbst wenn keiner der bisher kennengelernten dabei ist.

Ich persönlich würde sagen, dass man sich primär an den eigenen Bedürfnissen orientieren sollte. Wenn du also weißt, dass du um 8 Uhr morgens alles andere als Leistungsfähig bist, dann lasse dich nicht dazu überreden in diesen Morgenstunden irgendeine universitäre Veranstaltung zu besuchen.

Außerdem ist es auch halb so wild, wenn die ein oder andere Lücke im Stundenplan vorzufinden ist. Die Zeit kann man schließlich mit dem Lernen oder Üben sinnvoll füllen. An der Uni herrscht sowieso eine Atmosphäre, in der es vielen leichter fällt sich zu konzentrieren.

Wenn alle Stricke reißen, ist es eigentlich immer möglich einfach die Übungsgruppe zu wechseln, wenn auch ein Gespräch mit dem Prof nötig ist. Also keine Panik, wenn es Überschneidungen mit anderen Veranstaltungen oder mit der eigenen Lebensweise gibt.

Erste Vorlesungen, erste Fragezeichen

Natürlich beginnt die erste Vorlesung mit einer allgemeinen Begrüßung und dem Klären von organisatorischen Fragen, aber da das auch keine anderthalb Stunden dauern kann, geht es trotzdem recht schnell mit den ersten Inhalten los.

Diese ersten Inhalte kommen einem wahrscheinlich noch entweder aus der Schulzeit oder aus dem Mathe Vorkurs bekannt vor und sind deswegen erstmal angenehme Wiederholung.

Neue Kenntnisse wurden uns aber selbst in der ersten Vorlesung nicht vorbehalten und so spürte man schon direkt, dass ein anderes Tempo der Wissensvermittlung an den Tag gelegt wird, wie noch in Zeiten der Schule. Hierauf gab ja schon der Mathe Vorkurs einen kleinen Vorgeschmack.

Dass man dann nicht mit dem Verstehen hinterherkommt, ist aber auch alles andere als unnormal.

Zunächst ist es wichtig ruhig zu bleiben und sich an dieses Gefühl der Unkenntnis in der Vorlesung zu gewöhnen. Während nämlich hier nur das rohe Wissen vermittelt wird, läuft der Prozess des Verstehens ganz wo anders ab:

Die Übung als Werkzeug zum Verständnis

Bei uns PhysikerInnen kann man schnell einpacken, wenn man nicht bereit dazu ist sich hinzusetzen und Aufgaben zu rechnen. Am Ende geht es also darum das Wissen, auch wenn noch nicht komplett verstanden, anzuwenden. So hat unser Gehirn die beste Chance zu lernen und zu verstehen.

In anderen Studiengängen läuft die Anwendung des Wissens wahrscheinlich etwas anders ab, da man nicht jede Woche mit Übungsblättern konfrontiert wird. Dort ist man dann mehr auf sich selbst angewiesen und man muss sich vielleicht mal die ein oder andere Aufgabe selbst stellen, was man direkt in das Mitschreiben in den Vorlesungen integrieren kann. Neben die Stichpunkte könnte man zum Beispiel die Frage hinschreiben, die durch die Stichpunkte beantwortet wird. In der nächsten Freistunde kann man sich dann dadurch einfach selbst testen, wobei das Wissen im Gehirn verankert wird.

Über die Thematik „Lernen lernen“ gibt es sehr viel interessantes zu entdecken, wobei ich gerne auf dieses Video von Ali Abdaal verweise, der in knappen 15 Minuten nicht nur auf das Lernen für Prüfungen sondern auch auf das Erlernen von Fähigkeiten eingeht.

In meinen ersten Vorlesungen wurde nicht zu selten erwähnt, wie wichtig die Übungsblätter sind, weswegen deren Abgabe auch teilweise für die Zulassung zur Prüfung benötigt wird. Dabei wurde uns auch nicht nur einmal geraten den Kampf gegen die Übungsblätter nicht alleine zu bestreiten.

Das wurde so oft in unseren Kopf eingeprügelt, dass ich sogar dagegen etwas einzuwenden habe. Grundsätzlich ist es natürlich sehr sinnvoll nicht alleine an den Aufgaben zu verzweifeln, jedoch sehe ich es kritisch, wenn die Denkarbeit von vorne herein an die KommilitonInnen abgegeben wird. Bevor man sich also in der Gruppe trifft, sollte man sich wenigstens mal selbst Gedanken über die Aufgaben gemacht haben und besser noch probieren soweit wie möglich zu kommen.

Das heißt nicht, dass man sich daheim einsperren sollte, aber ich habe mir in der letzten Woche gerne Kopfhörer in die Ohren gesteckt, während wir uns gemeinsam im Raum an die Übungsblätter gemacht haben. So konnte ich mich erst selbst an den Aufgaben probieren und wurde nicht von den Diskussionen über die übernächste Aufgabe irritiert. Ich brauche einfach meine Ruhe, weil ich mich auch recht leicht ablenken lasse, wenn heiß über Physik oder Mathe debattiert wird.

Andererseits helfe ich aber auch gerne weiter, wenn die Person neben mir irgendwo hängt und ich zufällig schon weitergekommen bin. Da habe ich also wirklich nichts dagegen, wenn ich angestupst werde; deswegen bin ich ja auch nicht alleine daheim, sondern zusammen mit den FreundInnen der Physik in einem Raum.

Gemeinsam ans Ziel

Auch ich komme ja auch früher oder später nicht mehr weiter und da ist es einfach das schönste der Welt, wenn man den Banknachbarn mit seinen Fragen durchlöchern kann. Nicht selten hat der oder diejenige schon die Lösung oder wenigstens einen Ansatz bzw. eine Idee für einen Lösungsweg.

Ich finde es einfach mega cool, sich gegenseitig zu helfen, wovon stets beide Beteiligte profitieren können, denn beim Erklären ist man dazu gezwungen seine Gedanken in Worte zu fassen, was nicht immer ganz einfach ist. Wenn man es aber schafft den komplexen Sachverhalt in vereinfachten Worten zu erklären, hat man es oft selbst nochmal besser verstanden als davor.

Wenn man sich mal nicht gegenseitig helfen kann, wird einem auch bewusst, dass eigentlich jeder mit dem vielen neuen Stoff zu kämpfen hat und sich jeder schwer tut alles zu verstehen. Oft hat also so gut wie keiner einen Plan, jedoch lässt es sich in der Vorlesung keiner anmerken, bzw. traut sich nicht Fragen zu stellen. In den Übungen wird man dann aber wieder auf den Boden der Tatsachen geholt und man fühlt sich plötzlich deutlich weniger dumm.

Die Übung als sozialer Treffpunkt

Es kann am Anfang schwer sein, sich außerhalb universitärer Veranstaltungen mit seinen neuen KommilitonInnen in der Freizeit zu treffen, wenn man nicht wirklich weiß, was man machen soll. Die Die Übungsblätter geben aber direkt eine ideale Gelegenheit, um sich zu treffen, ohne sich zu fragen was man tun wird. Vereinfacht wird das noch dadurch, dass alle an einem Ort sind und oft ähnliche Freistunden haben. Das Wo, Wann und Was steht also so gut wie fest und man kann sich ohne großes Ausmachen zusammensetzen.

Wie ich finde schweißen die Übungen an sich auch sehr zusammen, da man sich gemeinsam an den Aufgaben die Zähne ausbeißt und das „Elend“, wenn man es so nennen darf, zusammen durchlebt und geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid.

Außerdem befindet man sich wieder in einer angenehmen Atmosphäre, wobei man das Gegenüber auch anderweitig besser kennenlernen kann. Zudem bringt jeder bisschen seinen eigenen Kreis an Leuten zur Übung mit und so ergeben sich immer wieder neue Konstellationen, bei denen man immer wieder mit komplett neuen Leuten zu tun hat und diese auch kennenlernen kann.

Nicht dagegen ankämpfen

Vieles ist neu und anders, seien es die Menschen, die Mathematik oder die Art des Mitschreibens. Das alles kann ein deutlicher Unterschied zum Schulalltag darstellen, jedoch würde man nur seine Energie verschwenden, wenn man versuchen würde dagegen anzukämpfen.

Stephen Hawkings hat gesagt: „Intelligence is the ability to adapt to change.“, also nehmen wir uns das zu Herzen, akzeptieren die neuen Umstände und versuchen das Beste daraus zu machen.

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