freshman

Was ich gerne im ersten Semester (Physik) gewusst hätte

Lange dauert es nicht mehr und für mich startet das 3. Semester an der Uni. Gleichzeitig heißt das aber auch, dass wieder für einen neuen Jahrgang das erste Semester losgeht. Deswegen möchte ich mich zurückerinnern und meinem vergangenen Ich Tipps geben, die es vielleicht gebrauchen könnte.

Freunde finden dauert

Ich ging damals an die Uni mit der Erwartung relativ schnell FreundInnen zu finden. Ich dachte mir, dass das gemeinsame Interesse an einer Naturwissenschaft eine gute Voraussetzung dafür ist. Ich habe aber nicht berücksichtigt, dass es wahrscheinlich doch nicht nur ein paar Wochen braucht, solch eine zwischenmenschliche Bindung aufzubauen, sondern eher ein paar Monate oder das ein oder anderen Semester.

Vielleicht mag das FreundInnen finden unter Studierenden der Physik etwas schleppender gehen als bei anderen Studiengängen, jedoch wurde mir auch außerhalb meines Studiengangs bestätigt, dass sich hier die festeren Freundesgruppen eher im 2. und 3. Semester gebildet haben, und man selbst im 4. Semester manche Menschen, die sonst auch immer da waren, plötzlich näher kennenlernt. Manch einer braucht vielleicht einfach die Zeit um aufzutauen, oder der Zeitpunkt des zufälligen Zusammentreffens kam einfach erst später.

Hiermit möchte ich nicht sagen, dass man sich im ersten Semester nicht anstrengen soll soziale Kontakte zu knüpfen (die sind nämlich auch für die Uni überlebensnotwendig, wie ich später erkläre), sondern, dass man sich eben keinen Stress machen soll, wenn man lange Zeit nicht das Gefühl hat den Freund oder die Freundin fürs Leben gefunden zu haben.

Vor Kurzem bin ich übrigens auf dieses Kurzgesagt Video über Freundschaft gefunden, was ich gerne Anbei noch empfehlen möchte. Hier werden die Faktoren erläutert, die eine Freundschaft begünstigen.

Regelstudienzeit ist nicht die Regel

Anfangs war ich der Meinung, das Studium auf jeden Fall in 6 Semestern schaffen zu können und, dass das auch mein Ziel sein sollte. 6 Semester sind aber NICHT die Regel, was auch nochmal von unserem Studiengangsmoderator bei einer Vollversammlung im zweiten Semester verdeutlicht wurde. Verstärkt wurde seine Aussage noch mit entsprechenden Statistiken und wir waren uns einig, dass zu wenig kommuniziert wird, dass nur etwa die Hälfte der AbsolventInnen den Bachelor wirklich in 6 Semestern gemacht haben. Sehr üblich sind 7 oder 8 Semester, weswegen man sich nicht schlecht fühlen sollte, wenn man mal (öfter) durchfällt oder das ein oder andere Modul schiebt, wenn es einem zu viel wird. “Hängt euch nicht so an diesen 6 Semestern Regelstudienzeit auf” waren seine Worte, was mich sehr beruhigt hatte. Man sollte diesen Studienverlaufsplan also nicht zu ernst nehmen und es eher wie einen Laufzettel (also eine Checkliste) sehen, wofür einfach jeder die Zeit braucht, die er halt braucht.

Ich möchte meinen Teil zu dieser Kommunikation zu den Ersties beitragen, indem ich auch hier sage: Kein Stress! Die Zeit an der Universität wird nicht umsonst oft als die schönste Zeit im Leben betitelt. Selten ist man so frei und flexibel, wie in diesem Lebensabschnitt. Demnach wäre es ja auch schade, wenn man diese Zeit so schnell wie möglich hinter sich bringen möchte. Wenn man also die Mittel und die Möglichkeit hat, sehe ich es als keine Schande, das ein oder andere Semester anzuhängen.

Kein Plan? Das ist normal!

Die ersten Vorlesungen gingen los und ich war voller Motivation neue Dinge zu erfahren, doch in der ersten oder zweiten Stunde wurden schon Dinge erklärt, die mein Gehirn nicht begreifen wollte. So schnell so viele neue Konzepte zu lernen ist man aus der Schulzeit einfach nicht gewohnt und das traf mich zunächst wie ein Schlag. Damit war ich aber zum Glück nicht allein.

Ein guter Grund Freunde (auch wenn es nicht die fürs Leben sind) im ersten Semester zu finden, ist nämlich der Fakt, dass man ins Gespräch kommt und herausfindet, dass sich eigentlich jeder mit dem Umstieg auf die Uni hart tut und schon in der zweiten Woche das Gefühl hat nichts mehr zu checken. Geteiltes Leid ist eben nur halbes Leid, also sucht sich das Leid am besten Gesellschaft.

Hoffnung gibt dann derjenige, der ein bisschen mehr verstanden hat und anstatt voller Neid einen Groll auf diese Person zu hegen, sollte man sich so schnell wie möglich daran gewöhnen die Person zu fragen die Sache zu erklären. Ich glaube jeder ist glücklich, anderen weiterhelfen zu können, weswegen “sich etwas erklären lassen” eine Win-win-Situation ist.

Die Wenigsten gehen nach der Vorlesung allwissend heraus, aber jeder hat vielleicht einen anderen kleinen Teil verstanden und so kann man dann beim Übungsblätter bearbeiten diese Puzzleteile zusammenfügen. Nicht umsonst habe ich schon von vielen ÜbungsleiterInnen und auch Profs gehört, dass sie ihr Physikstudium wahrscheinlich nicht geschafft hätten, wenn sie allein gewesen wären und nicht in Gruppen gearbeitet hätten.

Es ist also mehr als normal ohne Plan im Hörsaal zu sitzen, auch wenn es sich manchmal so anfühlt, als ob alle anderen verstehen was da gerade an der Tafel steht. Hier kann ich versichern, dass das absolut nicht so ist.

Letztendlich geht es ja unter anderem darum Klausuren zu bestehen, was mir persönlich viel Angst gemacht hat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich an den Mathe Analysis I Übungsblättern verzweifelt bin und mich gefragt habe, wie zur Hölle ich denn bitte diese Klausur bestehen soll, wenn ich schon bei den Übungsaufgaben eigentlich nie einen Plan habe.

Hier hätte ich Mal früher in die Altklausuren schauen sollen. Oft zu sehen war das Phänomen, dass die Klausuraufgaben ein gutes Stück einfacher als viele Aufgaben auf dem Übungsblatt sind. Man muss erst ein Auge für “typische Klausuraufgaben” entwickeln, dann erkennt man aber, dass gar nicht soo viele Übungsaufgaben wirklich Klausurrelevant sind, sondern oft sehr tief in eine spezielle Thematik eintauchen.

Nicht jede Note zählt!

Etwas, was ich erst Mitte des zweiten Semesters so richtig kapiert habe ist, dass nicht unbedingt jede einzelne Note zählt. Im Bayreuther Physik-Bachelor wird es beispielsweise so gehandhabt, dass es oft Module gibt, die sich über zwei Semester erstrecken. Beispiel EPA (Experimentalphysik A): Das heißt im ersten Semester EPA 1 und im Zweiten EPA 2. In so einem Fall wird die bessere Klausurnote für beide Halbjahre angerechnet. Hat man also in EPA 1 eine 1,0, so muss man in EPA 2 nur bestehen (also mind. eine 4,0 haben) und man bekommt die 1,0 für beide Semester angerechnet. Eine kleine Information, die einen großen Unterschied machen kann, wie man die wertvolle Ressource “Zeit” einsetzt.

Bestimmt gibt es auch an anderen Unis und anderen Studiengängen solche kleinen “Tricks”, die einem das Leben erleichtern. Hier lohnt es sich also sehr mit Höhersemestrigen in Kontakt zu treten und nachzufragen.

Alles ist nicht Vorhersehbar

Zu guter Letzt möchte ich sagen, dass im Studienstart natürlich nie alles vorhersehbar sein wird und es auch einfach ein Teil von der Erfahrung eines Erstie ist, dass man ein wenig überfordert ist und sich teilweise nicht sonderlich wohl fühlt. Vielleicht konnte ich einen Teil der unnötigen Sorgen verhindern, aber am Ende wird man eigentlich immer als Erstie dazu gezwungen sich aus der angenehmen Komfortzone herauszubewegen. Das ist aber genau das Gute, weil man ja in genau solchen Momenten als Person wächst. Es gilt also wahrscheinlich diese Erfahrungen anzunehmen und sich irgendwie durchzuboxen. Ich kann zumindest sagen: “Es lohnt sich!”

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